Warum lässt Gott das Corona-Virus zu?
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Warum lässt Gott das Corona-Virus zu?

Gott kann doch alles! Er ist doch allmächtig! Warum macht er dann nicht „Schnipp!“ – und dieser verheerende kleine Virus, der Tausende von Menschen das Leben kostet, ganze Völker in Panik und Schockstarre versetzt hat und absehbar die Weltwirtschaft ruiniert, verschwindet im Giftschrank der Medizingeschichte?

min Lesezeit | Bernhard Meuser

Was ist das?

Sinn-Frage/Warum-Frage

Nahezu alle Menschen stellen sich in ihrem Leben die Sinn- oder die Warum-Frage: „Warum bin ich in der Welt? Warum geschieht mir dies oder das? Warum habe ich dieses oder jenes Schicksal?“ Man kann die Sinnfrage unbeantwortet lassen und ohne geistigen Horizont leben. Man kann sich in den Kokon einer rein privaten Sinngebung zurückziehen. Man kann kann die Existenz von Sinn leugnen und das Ganze von Welt und Mensch für absurd halten. Man kann aber auch glauben - und das meint: Im Vertrauen auf Gott leben, auch wenn wir nicht alles verstehen, was uns widerfährt.

Was sagt die Heilige Schrift?

Der erste Schöpfungsbericht in der Bibel endet mit dem Satz: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“ (Gen 1,31). Trotz aller Sünde und Rebellion gegen den Schöpfer aller Dinge nimmt Gott dieses „Sehr gut“ des Anfangs (und damit die Sinnhaftigkeit der Welt) nie zurück. Der erste Gottesname der im Alten Testament auftaucht, ist El Shaddai (Gen 17,1: „Ich bin Gott, der Allmächtige“), wobei der Wortstamm „Shad“ auch Mutterbrust bedeutet, was die mütterliche Sorge Gottes anklingen lässt. Gott ist gut, freilich menschlich nicht ausrechenbar; er bleibt Geheimnis: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege - Spruch des HERRN. So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken.“ (Jes 55,8-9). Immer wieder fragen Menschen, die „in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes“ (Lk 1,79): „Warum siehst du ... den Treulosen zu und schweigst, wenn der Ruchlose den Gerechten verschlingt?“ (Hab 1,13). Nicht nur Hiob hält am Glauben fest, dass Gott es über alle Prüfungen und Zulassungen hinweg gut meint mit den Menschen. Hoffnung auf Gott in der Not – das kommt im Gottesnamen Immanuel (= Gott mit uns) zum Ausdruck; er weist prophetisch auf den kommenden Erlöser hin: „Siehe, die Jungfrau hat empfangen, sie gebiert einen Sohn und wird ihm den Namen Immanuel – Gott mit uns - geben.“ (Jes 7,14) In Jesus geht Gott alle Wege mit uns. In ihm klärt sich endgültig, wie Gott es mit uns meint: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht, denen, die gemäß seinem Ratschluss berufen sind.“ (Röm 8,28). Im Vertrauen auf die verlässliche Liebe Gottes können Christen auch da noch sinnvoll leben, wo ihnen menschlich alle Brücken wegzubrechen scheinen.

Die kleine YOUCAT-Katechese

Warum lässt Gott den Corona-Virus zu?

Gott kann doch alles! Er ist doch allmächtig! Warum macht er dann nicht „Schnipp!“ – und dieser verheerende kleine Virus, der Tausende von Menschen das Leben kostet, ganze Völker in Panik und Schockstarre versetzt hat und absehbar die Weltwirtschaft ruiniert, verschwindet im Giftschrank der Medizingeschichte?

Ja, „für Gott ist nichts unmöglich.“ Er könnte, wenn er wollte. Gott ist schließlich der Schöpfer der Welt und derjenige, der sie im Sein hält, zudem „der Herr der Geschichte. Er lenkt alle Dinge und kann alles“ – so sagt es YOUCAT 40, doch heißt es schon im nächsten Satz: „Wie er freilich seine Allmacht gebraucht, ist ein Geheimnis.“

Schon wieder ein Geheimnis! - denkt manch einer vielleicht in seinem stillen Kämmerlein: „Ach, das ist so eine Ausrede von Theologen! Gott gibt es gar nicht - das sieht man doch! Und wenn es ihn gibt, ist er entweder schwach - er kann nichts - oder er ist desinteressiert. Dann brauchen wir ihn erst recht nicht!“

Gott ist weder inexistent, noch schwach, noch böse...

Gott ist anders. Er entzieht sich jeder Vorstellung. Kein Mensch kann ihm in die Karten schauen. „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege“ (Jes 55,8), heißt es beim Propheten Jesaja. Ein alter, frommer Priester hat einmal meinen ganzen Glauben herausgefordert, als er sagte. „Hör mal zu! Gott macht keine Fehler! Glaubst du das?“ Als ich nur ein „Aber ...“ herausbrachte, schaute er mich streng über die randlose Brille an und wiederholte den Satz: „Gott macht keine Fehler! Glaubst du das?“ Ja. Ich glaube es mittlerweile, nicht zuletzt, weil mich der hl. Thomas von Aquin zum Nachdenken brachte: „Gott lässt das Böse nur zu, um etwas Besseres daraus entspringen zu lassen.“ (YOUCAT 51)  

Über den Unterschied von Schicksal, Zufall, Strafe, Zulassung und Zeichen

Wäre Corona nur ein Schicksal, dann wäre das Unheil ein sinnlos über uns hereinbrechender Fluch. Das Letzte, was menschlich dazu zu sagen wäre, ist: „Pech gehabt! Schicksal ist Schicksal“. Auf der nächsten Stufe der Deutung hört man: Es ist Zufall - eine Kombination ungünstiger Umstände. Was sagt man dann? „Das nächste Mal sind wir schlauer, dann schlagen wir dem Zufall ein Schnippchen.“ Ich kenne keinen Kranken, den eine solche Antwort jemals mit Trost und Zuversicht erfüllt hätte.

Ist Corona vielleicht eine Strafe Gottes? Etwa dafür, dass wir die Erde zugrunde gerichtet haben? Schwierig! Im Alten Testament straft Gott die Sünden seines Volkes. Daraus darf man aber nicht folgern, dass überall, wo ein Unglück über Menschen hereinbricht, ein strafender Gott dahintersteckt. Jesus hat die Katastrophe von Schiloach, bei der 18 Menschen ums Leben kamen, jedenfalls nicht auf die Sünden der Opfer bezogen: „Meint ihr, dass sie größere Schuld auf sich geladen hatten als alle anderen Einwohner von Jerusalem?“ (Lk 13,4). Alle haben Umkehr nötig.

Und meistens ist es doch so, dass wir selber den Schrott produzieren, unter dem wir dann leiden und für den wir gerne einen Sündenbock suchen. Hilfreicher ist es von Gottes Zulassungen zu sprechen. Denn das ist sicheres Glaubenswissen, dass es nichts neben Gott gibt – also nichts, was er nicht auch zulässt, ob wir es nun verstehen oder nicht. „Gott ist in allem“, heißt es in YOUCAT 49, „was uns in den Wechselfällen unseres Lebens entgegenkommt, auch in den schmerzlichen Ereignissen und den scheinbar sinnlosen Zufällen.

Wie bitte? Eine Sternstunde?

Vor kurzem lehnte sich jemand in einem Leserbrief ganz weit aus dem Fenster: „Könnte es eine Sternstunde intelligenter Politiker sein, die jetzt radikal neue Wege für die Zukunft einfordern? ... Weiterhin Dreckschleuder-Autos bauen? Kreuzfahrtschiffe? Noch ein paar tausend Touristen-Flugzeuge? Warum jetzt nicht generell auf Bio-Anbau umstellen?“ Politisch kann über das Eine oder Andere geteilter Meinung sein. Aber eines ist unstrittig: „So wie es im Moment in der Welt zugeht“, stellte Papst Franziskus schon 2016 im Vorwort zum DOCAT fest: „kann es nicht bleiben. ... Ganze Landstriche werden entvölkert, weil die Armen der Erde in die Slums der Metropolen fliehen, in der Hoffnung, dort noch etwas zum Überleben zu finden. Die Produktionslogik einer globalisierten Wirtschaft hat die bescheidenen ökonomischen und landwirtschaftlichen Strukturen ihrer Heimatregionen zerstört. Etwa ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt mittlerweile vierzig Prozent des gesamten Weltvermögens und zehn Prozent der Weltbevölkerung besitzt fünfundachtzig. Andererseits ´gehört´ der Hälfte der Weltbevölkerung gerade einmal ein Prozent an dieser Welt. Eins Komma vier Milliarden Menschen leben von weniger als einem Euro täglich.“ Hätten wir nicht ewig so weitergemacht, hätte uns Gott nicht unterbrochen? Jetzt heißt es: Störungen haben Vorrang. Vielleicht kommen wir noch zur Vernunft, bevor es endgültig zu spät ist.

Kürzlich lehnte sich jemand in einem Leserbrief weit aus dem Fenster: "Könnte es ein großer Moment für intelligente Politiker sein, die jetzt radikal neue Ansätze für die Zukunft fordern? ... Weiter dreckschleudernde Autos bauen? Kreuzfahrtschiffe? Noch ein paar tausend Touristenflugzeuge? Warum nicht gleich generell auf ökologischen Landbau umstellen?" Die politische Meinung kann man in die eine oder andere Richtung teilen. Aber eines ist unbestreitbar: "So wie die Welt im Moment läuft", sagte Papst Franziskus bereits 2016 im Vorwort zum DOCAT: "So kann es nicht bleiben. ... Ganze Landstriche werden entvölkert, weil die Armen der Welt in die Slums der Metropolen fliehen, in der Hoffnung, dort etwas zum Überleben zu finden. Die Produktionslogik einer globalisierten Wirtschaft hat die bescheidenen wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Strukturen ihrer Heimatregionen zerstört. Etwa ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt heute vierzig Prozent des gesamten Reichtums der Welt und zehn Prozent der Weltbevölkerung besitzen fünfundachtzig Prozent. Andererseits "besitzt" die Hälfte der Weltbevölkerung nur ein Prozent der Welt. 1,4 Milliarden Menschen leben von weniger als einem Euro pro Tag." Hätten wir nicht ewig so weitermachen können, hätte Gott uns nicht unterbrochen? Jetzt heißt es: Störungen haben Vorrang. Vielleicht können wir zur Vernunft kommen, bevor es zu spät ist.

Der Meister des Unmöglichen

Viele Menschen werden jetzt sagen: Ich sehe das auch. Aber ich wüsste nicht, womit ich die Maschinerie der Zerstörung aufhalten soll. In solchen Momenten schaue ich gerne bei den Heiligen nach, besonders bei Charles de Foucauld, einem größten Christen der Neuzeit. Er hat bemerkenswert kühn - ja irgendwie maßlos - vom Gebet gedacht: „Haben wir keine Scheu, Gott selbst um die schwierigsten Dinge zu bitten (wie die Bekehrung großer Sünder oder ganzer Völker). Bitten wir ihn darum umso mehr, je schwieriger sie sind, im Vertrauen darauf, dass Gott uns leidenschaftlich liebt und dass ein leidenschaftlich Liebender umso lieber gibt, je größer das Geschenk ist.“ Noch größer als vom Gebet dachte er von Jesus. „Jesus“, sagte Foucauld, „ist der Meister des Unmöglichen.“ ∎