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Kann man in den Himmel kommen, wenn man Selbstmord begeht?
Was steht in der Bibel zum Thema Selbstmord? Was sagt die Katholische Kirche dazu? Wird Selbstmord als Sünde gesehen? Lesen Sie die Antworten hier.
Was ist das?
Selbstmord/Suizid
Unter Suizid (von lat. sui = selbst und caedere = töten) versteht man die vorsätzliche Selbsttötung eines Menschen. Auch wenn der Europäische Gerichtshof die Selbsttötung seit 2011 als Menschenrecht anerkennt, sieht die Katholische Kirche darin einen fundamentalen Widerspruch zu den Geboten Gottes, zu Gott, der allein Herr über Leben und Tod ist.
Was sagt die Heilige Schrift?
Im Alten Testament ist das Blut Sinnbild für die Heiligkeit und Unantastbarkeit des menschlichen Lebens. Eigenes oder fremdes Blut zu vergießen, greift Gottes Eigentum an: „Wenn aber euer Blut vergossen wird, fordere ich Rechenschaft für jedes eurer Leben ... Denn als Bild Gottes hat er den Menschen gemacht.“ (Gen 9,5-6) Dass allein Gott der Herr über Leben und Tod ist, kommt im Fünften Gebot „Du sollst nicht töten/morden“ (Ex 20,13) zum Ausdruck. Darin sind untersagt: „der Mord und die Beihilfe zum Mord. Untersagt ist das Morden im Krieg. Untersagt ist die Abtreibung eines Menschen von der Empfängnis an. Untersagt ist die Selbsttötung und die Selbstverstümmelung oder Selbstzerstörung. Untersagt ist auch die Euthanasie, also das Töten von behinderten, kranken und sterbenden Menschen.“ (YOUCAT 379) Die Selbsttötung hat die Kirche immer auch für unvereinbar mit dem Liebesgebot Jesu gehalten, das die Selbstliebe ausdrücklich herausstellt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst.“ (Lk 10,27)
Die kleine YOUCAT-Katechese
Kann man in den Himmel kommen, wenn man sich selbst umbringt?
Ja, man kann.
Es gibt nicht viele tröstliche Botschaften für die Angehörigen eines Menschen, der sich selbst das Leben nahm. Aber dies ist eine. In YC 288 heißt es nämlich: „Der Mensch ist für all das verantwortlich, was er bewusst und mit freiem Willen tut. Niemand kann für etwas zur (vollen) Rechenschaft gezogen werden, was er unter Zwang, aus Angst, Unkenntnis, unter Drogeneinfluss oder der Macht schlechter Gewohnheiten getan hat.“ Heute weiß man, dass es fast niemand gibt, der wirklich freien Willens in den Tod geht. Der Psychiater Manfred Lütz meinte, wir sollten auf die Worte achten und nicht mehr von „Freitod“ oder gar „Selbstmord“ sprechen: „Es ist eine Krankheit, die den Patienten in den Tod treibt.
Der Suizid ist das tödliche Ende einer Depression - so wie der tödliche Asthma-Anfall das Ende der Krankheit sein kann. An dieser Erkrankung ist niemand schuld.“ Es war höchste Zeit, dass die Kirche abrückte von einem Beschluss, der 1422 Jahre in ihr Bestand hatte: Im Jahr 561, auf dem Konzil von Braga (561) hatte man „Selbstmördern“ die kirchliche Bestattung versagt. 860 n. Chr. nannte Papst Nikolaus I. den Suizid eine Todsünde; Selbstmörder erwartete ewige Verdammnis. Gott sei Dank versteht die Kirche Menschen in ihrer seelischen Not heute besser. Objektiv gesehen, darf ein Mensch sich niemals und unter keinen Umständen umbringen; subjektiv gilt, was Papst Franziskus nicht müde wird zu betonen: „Zwei Dinge braucht man im Moment am meisten: Barmherzigkeit und nochmal Barmherzigkeit!“
Das ist die eine Seite der Medaille
Die andere Seite der Medaille ist das Fünfte Gebot; es lautet: „Du sollst nicht töten/morden!“ Dieses Gebot Gottes gilt absolut, ohne jeden Kompromiss. Worauf es sich erstreckt, wird in YOUCAT 379 entfaltet. Nach wie vor wird auch der Suizid genannt: „Untersagt sind der Mord und die Beihilfe zum Mord. Untersagt ist das Morden im Krieg. Untersagt ist die Abtreibung eines Menschen von der Empfängnis an. Untersagt sind die Selbsttötung und die Selbstverstümmelung oder Selbstzerstörung. Untersagt ist auch die Euthanasie, also das Töten von behinderten, kranken und sterbenden Menschen.“ Heute meinen viele, man sollte den Katechismus umschreiben. Immer mehr Staaten erlauben die Selbstmord-Variante Euthanasie (= die Tötung von leidenden Menschen auf ihr Verlangen hin), - und würde man in einer Fußgängerzone fragen: „Ist es nicht ein Ur-Recht des Menschen, sich selbst das Leben zu nehmen?“ – so dürfte man mit breiter Zustimmung rechnen. Einige moderne Literaten sehen im Freitod gar ein Zeichen der äußersten menschlichen Freiheit: Wenn mir danach ist, kann ich mich auslöschen. Diese Art von Propaganda ist nun freilich wahrhaft vom Bösen, denn es könnte sein, dass sie auch psychisch nicht belastete Menschen dazu verführt, etwas Schreckliches mit ihrem Leben anzustellen.
Eine irre Suche nach Leben
Schauen wir uns für einen Moment das Drama eines Alkoholikers an. Intuitiv wissen wir: Es ist kein Zeichen von Freiheit, wenn er sich zu Tode säuft. Im Gegenteil – es ist ein Zeichen extremer Unfreiheit – gewissermaßen Selbstmord auf Raten. Und es ist auch nicht wirklich Freiheit, wenn sich eine junge Frau „ritzt“, sich entstellt, sich Wunden zufügt. Alle sagen: „Wie konnte es soweit kommen? Wie unglücklich muss sie sein, dass sie sich selbst zerstört? Was können wir tun, um ihr aus ihrer fatalen Selbstentfremdung herauszuhelfen? Wie können wir sie vor sich selbst bewahren?“ Jemand sucht verzweifelt nach Leben und zerstört sich dabei – wie kann man das erklären?
Ganz tief in unserem Inneren haben wir eine unstillbare Sehnsucht nach Glück und Leben. Nicht glücklich sein zu wollen – das geht gar nicht. Ja, wir können (wie der Philosoph Robert Spaemann in einer zugespitzten Bemerkung sagt) nicht einmal wollen, nicht wollen zu wollen. So tief sucht das Leben in uns nach Leben! Auf einer manchmal süchtigen Suche nach Leben riskieren Menschen alles, um das Unstillbare zu stillen. Selbst ein Mensch, der sich von der Brücke stürzen möchte, hofft noch durch diesen unfassbaren Akt „glücklich“ zu werden.
Da ist noch eine Liebe, wenn wir uns selbst nicht mehr lieben
Menschen sind radikal auf der Suche nach dem Glück. Gott ist radikaler. „Gott liebt uns weit mehr, als wir selber uns lieben“, hat Teresa von Avila einmal gesagt. Gottes Interesse an meinem Leben ist tausendmal fundamentaler als mein eigenes Interesse daran. Ich könnte mich wegwerfen. Er nie. Im Buch Jesaja sagt Gott: „Fürchte dich nicht, ... ich habe dich bei deinem Namen gerufen, / mein bist du!“ (Jes 43,1) Und wenig später heißt es: „Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist / und weil ich dich liebe, gebe ich für dich ganze Länder / und für dein Leben ganze Völker.“ (Jes 43,3). Weil wir vor uns selbst nicht sicher sind, klärt Gott die Eigentumsverhältnisse. Dass Gott uns tiefer liebt, gründlicher für uns sorgt und uns nachhaltiger vor uns selbst schützt, als wir es je könnten, kommt in YOUCAT 383 zum Ausdruck: „Gott allein ist der Herr über Leben und Tod. Nicht einmal ´mein Leben´ gehört mir.“
Wir sollten allerdings auch wissen: Gott schenkt uns das Leben nicht wie jemand, der einem Fahranfänger einen Ferrari leiht, um nach der Spritztour mit der Lupe nach Kratzern zu suchen. Er schenkt uns den Ferrari wirklich. Wir sind frei, damit zu machen, was uns in den Sinn kommt. Wer aber wird das unfassbare Geschenk ruinieren, der es einmal als Zeichen der Liebe verstanden hat?
Nichts schützt Menschen, die sich das Leben nehmen wollen, besser als die Gewissheit: Da ist jemand der mich liebt, der mich braucht, für den ich eine Bedeutung habe. Und könnten wir hinter der Gedichtzeile von Bert Brecht nicht Gott entdecken, der Zeile, die da lautet: „Der, den ich liebe hat mir gesagt, dass er mich braucht. Darum gebe ich auf mich acht / sehe auf meinen Weg und fürchte von jedem Regentropfen / dass er mich erschlagen könnte.“?
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