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Was ist Kerygma?
Kerygma (auch Bekanntmachung) steht für die christliche Predigt. Woher es kommt und wie es in der Bibel verwendet wird erfährst du in diesem Artikel.
Was ist das?
Verkündigung / Kerygma
„Verkündigung“ ist eine der wichtigsten Aufgaben der Kirche. Das griechische Wort „Kerygma“, das schon im Neuen Testament für die öffentliche Verbreitung einer von Gott empfangenen Wahrheit oder Nachricht verwendet wird, bedeutet eigentlich „Bekanntmachung“; man verwendete es für das laute Ausrufen von etwas überaus Wichtigem, wie es die Imperatoren der Antike auf den großen Plätzen der Städte manchmal anordneten. Der Inhalt der Verkündigung und der Anfang jeder christlichen Existenz lautet: „Jesus ist der Herr“ (2 Kor 4,5). Papst Franziskus beschreibt die erste Verkündigung, mit der alles anfängt, mit den Worten: „Jesus Christus liebt dich, er hat sein Leben hingegeben, um dich zu retten, und jetzt ist er jeden Tag lebendig an deiner Seite, um dich zu erleuchten, zu stärken und zu befreien”. (Evangelii Gaudium 164)
Was sagt die Heilige Schrift?
Verkündigung beginnt mit Gott selbst, der Menschen schon im Alten Testament Mitteilungen macht, die sie nicht aus sich haben können. Die Urszene einer Verkündigung finden wir zu Beginn des Lukasevangeliums. (Lk 1,26ff.) Ein Bote Gottes besucht eine schlichte junge Frau - im Gepäck: eine vollkommen unglaubliche Botschaft von ganz oben. Maria findet zum Glauben, lässt sich in vollkommener Bereitschaft auf das Verkündete ein. Johannes der Täufer, der letzte Prophet des Alten Testaments, verkündet die Ankunft von einem, dem er nicht einmal würdig ist, die Schuhriemen (Joh 1,27) zu lösen. Jesus selbst ist ein Verkündiger; er beginnt sein öffentliches Wirken mit einem Auftritt im Tempel von Nazareth, wo er ein Prophetenwort von Jesaja („Der Geist des Herrn ruht auf mir“) auf sich bezieht. Später fordert Jesus auch von seinen Jüngern das Bekenntnis zu ihm, so dass Petrus für alle ausspricht, was Christen aller Jahrhundert dem Moment verkünden werden, wo sie zu Christen werden: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (Mt 16,16) Das zu verkündigen ist der erste öffentliche Auftritt des Petrus (Apg 2,14.36-38). Davon lassen sich Petrus und Johannes selbst durch Gefangenschaft nicht abschrecken (Apg 4,23 ff.) Im ersten Petrusbrief wird „Verkündigung“ von jedem Christen erwartet: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt:“ (1 Petr 3,15) In besonderer Weise aber ist die Aufgabe der Verkündigung den Aposteln (und ihren Nachfolgern) anvertraut: „Weh mir“, sagt Paulus in 1 Kor 9,16, „wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“
Die kleine YOUCAT-Katechese
Marathon für Jesus
Pheidippides hieß der Mann, der im Jahr 490 v. Chr. Geschichte schrieb. Der Legende nach war er der Laufbote, der nach der Schlacht von Marathon den Bürgern von Athen eine überaus wichtige Nachricht brachte. Zwei Tage, heißt es, sei er ununterbrochen gelaufen, um mit den Worten „Wir haben gesiegt!“ tot in Athen zusammenzubrechen. Eliud Kipchoge brauchte bei seinem inoffiziellen Weltrekord 2019 für die annähernd gleiche Strecke 1:59:40 – und er lebt immer noch. Wäre der Kenianer ein normaler Marathonläufer, hätte sein Lauf der Welt nur die Botschaft gebracht: „Ich habe gesiegt!“ Aber Eliud Kipchoge ist keiner von der Sorte, die sich nach Siegen auf die Brust trommeln und ihren Athletenkörper zur medialen Anbetung ausstellen. Der gläubige Katholik, der regelmäßig die Heilige Messe besucht und den Rosenkranz betet, kniete nach seinem Weltrekord nieder, neigte die Stirn zum Boden und macht ein Kreuzzeichen als Dank.
Für mich ist Eliud Kipchoge mehr als ein Weltrekordler im Marathon – wofür ich ihn bewundere; er ist ein „Kerygmatiker“, ein Verkünder Jesu – wofür ich ihn liebe. Sein Wunderlauf von Wien diente der Überbringung einer weltgeschichtlichen Siegesnachricht, die alle Menschen und jedes Leben betrifft; sie lautet: Wir müssen uns nicht mehr selbst retten. Wir sind auf ewig geliebt, gerettet und erlöst durch Jesus Christus. Er ist unser Herr. Ihm gebührt „Ehre in alle Ewigkeit“ (Phil 4,20) Eliud Kipchoge hat begriffen, was Christsein heißt: Sei ein „Verkünder des Evangeliums, erfülle treu deinen Dienst!“ (2 Tim 4,5).
Gott wird Eliud Kipchoge eines Tages nicht fragen, wie er es bei seinem Weltrekord geschafft hat, die zwei Stunden zu unterbieten Er wird ihn nach der Essenz seines Lebens fragen: Was hast du gemacht? Wozu warst du da? Eliud Kipchoge könnte zu den Glücklichen gehören, die sagen können: Schau, mein Herr, ich habe ein Leben lang versucht, es zu machen wie Paulus: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue bewahrt.“ (2 Tim 4,7) Nebenbei bin ich vielleicht ziemlich gut gelaufen, aber ich habe dabei dich verkündigt, nicht mich.
Als das Christentum noch in den Kinderschuhen steckte...
In der frühen Kirche unterschied man noch klar zwischen zwei Wirklichkeiten - zwischen „Kerygma“ und „Didaché“, also zwischen „Verkündigung“ und „Lehre“. Mit der Lehre (dem vernünftigen Nachdenken über den Glauben) wollten die Kirchenmütter und Kirchenväter erst dann beginnen, wenn es bei einem Taufbewerber Klick gemacht hat, wenn also die Botschaft aller Botschaften - das „Kerygma“ - bei einem Menschen angekommen und in ihm wirklich erste Wurzeln geschlagen hatte. Sie dachten: Es hat gar keinen Sinn über den Glauben zu reden, Katechese zu geben, Theologie zu treiben, wenn dieser anfangshafte Glaube nicht da ist. Pater Raniero Cantalamessa, der Prediger des Päpstlichen Hauses, denkt noch heute so. Theologie sei selbstverständliche „sehr relevant ..., aber nicht für jemand, der zunächst das Kerygma hören und dann katechetisch unterwiesen werden müsste. Sonst ist das wie ein Diskurs über Schwimmdidaktik ohne je im Wasser gewesen zu sein.“
Wie kommt man in diese lebendige Fühlungnahme mit der Wirklichkeit Gottes? Gewiss durch äußere Anstöße. Letztlich aber durch Gnade. YOUCAT 338: „Unter Gnade verstehen wir die freie, liebevolle Zuwendung Gottes zu uns, seine helfende Güte, die Lebenskraft, die von ihm kommt.“ Gott ist es, der etwas macht im Herzen eines Menschen; er ist es, der den Glauben weckt. In YOUCAT 21 heißt es: „Der Glaube ist ein reines Geschenk Gottes, das wir erhalten, wenn wir innig darum bitten.“ Den präzisen Moment, in dem das bei einem Menschen passiert, kann man am Besten bei Jesus selbst studieren, der ein Meister-Evangelisierer war. Ob bei der Samariterin am Brunnen (Joh 4) oder der kananäischen Frau (Mt 15) - plötzlich macht es Klick, und Menschen kommen durch die Kraft einer Begegnung von sich weg und in das große Vertrauen auf Jesus. Sie entwickeln eine Form der Neugier, durch die das Tor in eine faszinierende Welt aufgeht - in immer neue Geheimnisse der Liebe, mit denen man ein Leben lang nicht fertig wird.
Ehrenamtlich Suppe austeilen müssen?
Und diese Etappe auf dem Weg ins Christsein gibt es noch heute. Ein Freund – Maximilian Oettingen – erzählt, wie es bei ihm war, als sein Christsein noch in den Kinderschuhen steckte. In seinem ganzen Umfeld – der Familie, der Schule – hatte er viel von Gott und Glauben gehört. Aber es perlte an ihm ab, drang nicht in ihn ein, blieb ihm äußerlich. Das Kerygma war noch nicht in sein Leben eingebrochen. Dann sah er junge Leute, die ihr Leben Jesus gegeben hatten, und er bekam heiße Ohren: „Ich war fasziniert – und zerrissen. Denn im Tiefsten merkte ich sofort, dass Jesus keineswegs der Herr meines Lebens war.“
Sein Vertrauen voll auf Jesus zu setzen, - das zog ihn mächtig an; aber zugleich überfiel ihn nackte Angst: „Würde nicht auf der Stelle gähnende Langeweile ausbrechen in meinem Leben, würde ich selbst nicht langweilig werden, würde ich mich zu 100 Prozent auf Jesus einlassen? Müsste ich nicht mit blutleerem Gesichtsausdruck an Wochenenden ehrenamtlich Suppe austeilen? Müsste ich dann nicht eine alte, hässliche, wahrscheinlich zahnlose Frau heiraten?“ Ein Freund gab ihm den entscheidenden Hinweis: „Maxi, alles super. Diese Zerrissenheit, - das, was du erlebst, ist normal. Wichtig ist, dass du jetzt beginnst mit deinem Mund zu bekennen, dass du Jesus vertraust, dass sein Wille in deinem Leben geschehen darf. Und irgendwann wirst du es mit dem Herzen glauben können.“ Und so geschah es. Er hörte die Botschaft und wurde zu ihrem Verkünder und Zeugen. Ein ganz normaler Laie, verheiratet, mit mehreren Kindern. Bereit dazu, ganz weite Wege zu gehen, um die Frohe Botschaft an immer neue Menschen heranzuführen. Bereit zum Marathon für Jesus.
Die wahren Champs der Verkündigung
Nicht nur in Athen, auch in der Kirche gab und gibt es „Laufboten“, also professionelle Nachrichtenüberbringer. Das griechische Wort dafür ist „Apostolos“. Es ist lustig, sich vorzustellen, dass so gewichtige Leute wie Bischöfe zu allererst einmal agile, schnelle, dauerhafte und zuverlässige Laufboten Jesu sein sollen – getrieben von einer unbedingt auszurichtenden Botschaft. In YOUCAT 144 heißt es: „Bischöfe müssen in erster Linie APOSTEL sein - treue Zeugen Jesu, der sie persönlich in seine Nähe gerufen und gesandt hat. So bringen sie Christus zu den Menschen und die Menschen zu Christus. Dies geschieht durch ihre Verkündigung, die Feier der Sakramente und die Leitung der Kirche.“ Es gab und gibt wunderbare Bischöfe, aber leider auch solche, die ihr Amt missbrauchten und Menschen mehr vom Glauben abgeschreckt, als zu ihm hingeführt haben. Das Kerygma wird nämlich weniger durch Worte als durch ein Leben überbracht, das von innen heraus leuchtet. „Die Übereinstimmung von Leben und Zeugnis“, heißt es in YOUCAT 347, „ist die erste Voraussetzung der Verkündigung des Evangeliums.“
Darum sollte man diese wunderbare russische Ikone meditieren. Jesus ist in den Himmel aufgefahren. Jetzt steht die Kirche im Vordergrund. Sie könnte sich auf eine unangenehme, männliche Weise breitmachen: Wir haben! Wir können! Wir befehlen. Aber in der Mitte des Bildes stehen keine Glaubensherren und Wahrheitsbesitzer, sondern die wahre Meisterin der Verkündigung. Im Herzen der Kirche gibt es die sprechende Existenz jener Frau, die den zur Welt brachte und noch immer zur Welt bringt, auf den es ankommt: Jesus.
In ihrer Liebe ist ER da.
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