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Der Heilige Josef
Wer war der Hl. Josef? Welche Rolle spielte er damals und heute. Eine aktuelle Darlegung basierend auf der Bibel und dem Katechismus.
Der Heilige Josef
Josef von Nazareth (auch: Joseph, von: hebr. „Gott hat hinzugefügt") war der Bräutigam der Jungfrau und Gottesmutter Maria und der Ziehvater und der väterliche Beschützer des kleinen Jesus. Papst Franziskus hat einen der größten Heiligen der Kirche dadurch geehrt, dass er das Jahr 2021 zum „Jahr des hl. Josef“ gemacht hat.
Was sagt die Heilige Schrift?
Josef, ein Zimmermann (Mt 13,55) im 300-Personen-Dorf Nazareth, war mit Maria verlobt (Mt 1,18-24). Als sie schwanger wurde, wollte er sich nach dem Gesetz von ihr trennen. Durch einen Engel Gottes wurde Josef im Traum aber der übernatürliche Ursprung ihrer Schwangerschaft klar. Im kühnen Vertrauen auf den unerforschlichen Willen Gottes nahm Josef Maria an und sorgte für sie und das Kind. Die Geburt fand nach dem Evangelisten Lukas in Bethlehem (Lk 2,1-7) statt, da Josef aus davidischem Geschlecht war und mit der hochschwangeren Maria an einer Volkszählung teilnehmen musste. Durch eine weitere Engelsbotschaft wurde er vor einem kollektiven Kindermord gewarnt, floh mit Maria und dem Kind nach Ägypten und kehrte später in die Heimat zurück (Mt 2,13-23). Die „Eltern Jesu“ werden später noch einmal erwähnt, als sie den kleinen Jesus debattierend unter den Schriftgelehrten im Tempel entdecken (Lk 2,41-51). „Dann“, heißt es, kehrte Jesus „mit ihnen nach Nazareth zurück und war ihnen gehorsam. ... Jesus aber wuchs heran und seine Weisheit nahm zu und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen.“ An verschiedenen Stellen im Evangelium wird Jesus auch „Sohn Josefs“ genannt (Joh 1,45, Lk 3,23 u.a.), was nicht im Widerspruch zur gleichzeitig überlieferten jungfräulichen Geburt steht. Weil von Josef nur in der Kindheitsgeschichte berichtet wird, nahm die Kirche immer an, dass er noch vor dem öffentlichen Auftreten Jesu gestorben sei.
Die kleine YOUCAT-Katechese
Ein Vater, der zieht
Papst Franziskus ist ein Mensch mit Herz. Warum er ausgerechnet den hl. Josef zum „Man of the Year“ 2021 machte, diesen handfesten Mann der Tat, hat mit der weltweiten Pandemie und seiner unglaublichen Einfühlung in die Nöte und Sorgen realer Menschen zu tun. So schreibt der Papst: „In dieser Krise konnten wir erleben, dass „unser Leben von gewöhnlichen Menschen – die gewöhnlich vergessen werden – gestaltet und erhalten wird, die weder in den Schlagzeilen der Zeitungen und Zeitschriften noch sonst im Rampenlicht der neuesten Show stehen, die aber heute zweifellos eine bedeutende Seite unserer Geschichte schreiben: Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger, Supermarktangestellte, Reinigungspersonal, Betreuungskräfte, Transporteure, Ordnungskräfte, ehrenamtliche Helfer, Priester, Ordensleute und viele, ja viele andere, die verstanden haben, dass niemand sich allein rettet.“
Wunderbar! Kann man es besser begründen?
Der Papst und sein Lieblingsgebet
Dass der hl. Josef darüber hinaus noch der Lieblingsheilige des Papstes ist, macht die Sache noch sympathischer. Morgen für Morgen greift der Papst auf ein altes Gebet zurück, von dem er sagt, dass es dem hl. Josef „Verehrung und Vertrauen“ entgegenbringt, ihn aber, “auch ein wenig herausfordert.“ Man liest dieses ebenso unmoderne wie hochaktuelle Gebet nicht ohne Rührung (und vielleicht mit dem Gedanken, es in den privaten Schatz seiner Gebete zu übernehmen):
„Heiliger Josef, glorreicher Patriarch, der du das Unmögliche möglich machen kannst, komm mir in meiner Not und Bedrängnis zu Hilfe.
Gewähre in den ernsten und schwierigen Anliegen, die ich dir anvertraue, deinen Schutz, sodass alles ein glückliches Ende nimmt.
Mein geliebter Vater, ich setze mein ganzes Vertrauen in dich.
Niemand soll sagen können, er habe dich vergeblich angerufen, und da du bei Jesus und Maria alles erwirken kannst, lass mich erfahren, dass deine Güte ebenso groß ist wie deine Macht. Amen.“
Haben Sie eine Beziehung zum hl. Josef?
Auch ich habe eine Geschichte mit dem hl. Josef. Einmal ging ich in Taizé zur Beichte und geriet an einen Schweizer Priester der Gemeinschaft. Es war gerade zu einer Zeit, in der ich vor einer existenziellen Herausforderung stand und mir die Frage stellte: Durfte ich es wagen? Und würde ich für eine fromme Sache nicht das materielle Wohl meiner Familie mit ihren drei Kindern aufs Spiel setzen? Der Mann stellte mir darauf in schönstem Schwyzerdütsch eine merkwürdige Frage: „Haben Sie eine Beziehung zum hl. Josef?“ Ich stotterte ein bisschen herum. Von dieser Seite her hatte ich es noch nicht betrachtet. „Sollten Sie aber!“, meinte mein Beichtvater und wagte es, eine kleine Prophezeiung anzufügen: „Dann werden Sie nie zu viel haben. Sie werden aber auch nie zu wenig haben.“ Seither habe ich eine Beziehung zum hl. Josef. Und auch der YOUCAT hat eine Beziehung zu ihm. Weil wir wissen, wie gefährdet alles ist, besonders wenn es um ein missionarisches Projekt geht – also eine Sache, die dem Teufel zum Himmel stinkt – haben wir uns neuerdings Josef zum Patron erwählt. Wenn es hart auf hart kommt, zieht er uns aus dem Schlamassel. Alle, die für den YOUCAT beten - es sind glücklicherweise so viele weltweit – sollten auch ein kleines Gebet um die Fürbitte dieses wunderbaren Mannes anfügen.
Der Zieh-Vater
Zu Weihnachten schickte mir ein liebe alte Dame eine besondere Karte, die sie vor der Pandemie in Florenz erworben hatte. Ein berühmter Maler - Gentile da Fabriano - hat dort an der Wende zum 15. Jahrhundert einen Josef gemalt, der mich spontan in Bann schlug. Ich schaute mir das Bild an und dachte: Wow - ein richtiger Zieh-Vater! Im Deutschen – nicht in allen Sprachen – nennt man den Pflegevater auch den Ziehvater. Ziehen ist das Gegenteil von schieben. Etwas ziehen meint: etwas nach vorne, nach oben reißen. Ein Er-Zieher ist ein Pädagoge, der das Beste aus einem Kind hervorzieht. Ein kleines Reh, das die Mutter verloren hat, kann man mit Milch auf-ziehen. Und eine Familie, in der gerade ein Baby zur Welt gekommen ist, braucht dringend einen „Josef“ - einen Kräftigen, Vorsichtigen, Umsichtigen - der den ganzen Laden zieht, besonders dann, wenn es durch äußere Umstände auch noch um Leben und Tod geht. So war es bei Jesus: Maria hätte verlassen und gesteinigt werden können mit ihrem unehelichen Kind, aber da war eben dieser kernige Kerl da, dieser Josef, der sich und der Welt sagte: Nicht mit mir!
Und kaum ist das Kind da, hätte es schon einem grausamen Despoten zum Opfer fallen können. Nicht mit Josef! Josef fackelt nicht lange; er nimmt seine kleine Familie, packt sie auf einen Esel und macht den Fluchthelfer. Ab nach Ägypten! Hat es jemand schöner gemalt als Gentile da Fabriano? Man sieht einen ebenso starken wie achtsamen und zärtlichen Mann, der ein geduldiges Lasttier an der Leine führt - raus aus der Gefahrenzone! -, wobei Josef einen sorgsamen Blick zurück auf das Lasttier und seine überaus kostbare Fracht wirft. In das Blau der Ewigkeit gehüllt, hat Maria nur Augen für das zu rettende Geheimnis auf ihren Armen: das Kind, in dem Gott selbst Mensch geworden ist – damit aber auch potentielles Opfer von Gewalt.
Später wird Josef zum Erzieher Jesu. 30 Jahre war Josef der Chef im Haus. Und natürlich lernte das Kind die Handwerkskunst des Vaters. Man nimmt heute an, dass das Bauunternehmen Josef & Sohn bei der Errichtung der Stadt Sepphoris – einem der ehrgeizigsten Bauprojekte jener Zeit – mitgearbeitet hat. Sepphoris lag acht Kilometer von Nazareth entfernt, und dort wurde jede Hand gebraucht. Schön, sich vorzustellen, wie Josef Jesus die Technik der Holzverarbeitung beibrachte, das Sägen, Hobeln, Schleifen, den kennerischen Blick für eine besondere Maserung. Ich fange an zu träumen: Jesus, der sich unter den Augen von Josef den Schweiß von der Stirn wischt, die Späne vom Werkstück bläst und mit den Fingerspitzen die feine Glätte der Fläche betastet ... In dieser Schule des Menschlichen ist Jesus gereift. In DOCAT 138 heißt es: „Jesus war ´in allem uns gleich außer der Sünde´ (Konzil von Chalcedon, 451). Er hat unter Fischern, Bauern und Handwerkern gelebt, und er hat sich auch selbst einer Berufsausbildung unterzogen, um bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr als Zimmermann in der Werkstatt Josefs zu arbeiten.“ Und wenn er später Gleichnisse erzählt, dann ist von den einfachen Dingen der Natur, des Handels und des alltäglichen Gebrauchs die Rede.
Tief im Schlamassel
Es ist, als hätten Welt und Kirche kaum einmal tiefer im Schlamassel gesteckt als in diesen Tagen. Wird der heimtückische Virus immer neue Opfer fordern, Millionen von Existenzen ruinieren, ja ganze Staatswirtschaften in den Ruin treiben? Manche entdecken in solchen Zeiten wieder Gott und das alte Kirchenlied, in dem es heißt: „Es ist ja doch kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du, unser Gott, alleine ...“ Aber wo ist er denn - dieser Gott? Die Kirchen scheinen ihn verloren zu haben, so gottverlassen, wie sie in der Zeitung stehen. Wird die Katholische Kirche, die einmal das Herz des Abendlands und das Ferment einer neuen, menschenwürdigen Welt war, verdämmern im Zwielicht des Missbrauchs und der Doppelmoral? Wird sie abgetan werden wie man einen alten Esel abtut, der das Futter nicht mehr wert ist, das man ihm gibt. Aber der alte Esel – man sieht es bei Meister Fabriano - geht und geht und geht ... und trägt auf seinem Rücken, den Himmel und Erde nicht fassen können: Heile Welt 1.0, gehalten von den zärtlichen Händen einer kleinen, ohne Limit gläubigen Frau. Aus der Gefahrenzone gezogen von einem, der mitdenkt und handelt: dem hl. Josef.
Was Rettung in der Welt anzeigt und was die Kirche auch heute anziehend macht, sind ihre Zieh-Väter, ihre „Zugtiere“, die Heiligen. Josef, Katharina von Siena, Franziskus von Assisi, Teresa von Avila, Philipp Neri – sie alle rissen mit, und zogen dabei so nebenbei die müde und orientierungslos gewordene Kirche aus dem Dreck. Josef und die Anderen, sie leben für immer im Umfeld Gottes, man kann sie anrufen. Von den Heiligen heißt es in YOUCAT 132: „Bei Gott angekommen heiligen auch sie die Kirche, weil sie ihren Himmel damit verbringen, uns zu unterstützen auf dem Weg zur Heiligkeit.“ Wohin zieht Josef? Vielleicht ist es Zeit, das Mysterium dieses Kindes, das gerade in seiner Heimat nicht sein kann (Joh 1,11: „...die Seinen nahmen ihn nicht auf“), für eine Weile in Sicherheit zu bringen, damit es in der Stille wachsen und eines Tages aus der Fremde zurückkehren kann in das Land, in dem es groß sein wird. Heiliger Josef bitte für uns, bitte für die Kirche! Und zieh, zieh, zieh! ∎
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