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Credopedia Die Kraft der Vergebung

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Die Kraft der Vergebung

Um Verzeihung zu bitten, kostet Überwindung, jemandem zu verzeihen ebenso. Und doch ist ehrliches Bemühen um Versöhnung das Glücksrezept für jede Beziehung! Der christliche Glaube hat die Vergebung geradezu in seiner DNA.

mins read | Stani Mičkovicová

Die Liebe lebt von der Verzeihung

Fakt ist: In jeder Beziehung verletzt man früher oder später den anderen – und man wird verletzt. Gäbe es Vergebung nicht, würde stets eine dunkle Wolke früherer Erinnerungen über der Liebe schweben und sie schließlich zerstören. Sich selber von Herzen zu verzeihen und auch dem anderen vollständig zu vergeben, ist der Königsweg dauerhafter Liebe. Aber versöhnt zu leben, ist nicht immer einfach! Strenggenommen übersteigt die Bereitschaft zu verzeihen die natürliche Liebeskraft des Menschen. Um aus ganzem Herzen verzeihen zu können, muss man sich wieder und wieder um selbstlose Liebe bemühen. Um Liebe, die bedingungslos ist. Um Liebe, die auch dann nicht aufhört zu lieben, wenn es weh tut. Um Liebe, die sich hingibt: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh 15,13) Diese Hingabe muss nicht immer das physische Leben bedeuten. Den anderen höher schätzen als sich selbst, aus Liebe zum anderen auf etwas zu verzichten, etwas loszulassen – auch das kann bedeuten, „sein Leben hinzugeben“. Die hingebungsvolle Liebe kommt nicht von alleine. Man muss sich um sie bemühen, man muss sie üben.

Jesus zeigt uns, wie Verzeihen geht

Man wird Gott am ähnlichsten, wenn man seine barmherzige Liebe nachahmt, indem man verzeiht, aber auch selbst um Vergebung bittet. Es lohnt sich nicht, die Versöhnung hinauszuzögern. Der hl. Johannes von Gott bringt es treffend auf den Punkt, wenn er sagt: „Früher oder später muss ich dir verzeihen, daher verzeihe ich dir sofort!“ Von Jesus wissen wir, wie Verzeihen geht. Er hat sich Sündern – sogar einer Ehebrecherin – mit besonderer Zärtlichkeit zugewandt. Kein Zeigefinger! Kein Vorwurf! Das irritierte viele seiner Zeitgenossen: „Wenn dieser wirklich ein Prophet wäre, müsste er wissen, was das für eine Frau ist, die ihn berührt: dass sie eine Sünderin ist!” (Lk 7,39) Jesus will auch dich wieder aufrichten und dir den Weg zum Glück zeigen. Er liebt dich! Und da Gott dich so sehr liebt, kannst du auch beginnen, dir selbst wohlwollend zu begegnen. Etwa so, wie du dem besten Freund begegnen würdest! Gott kennt dich besser, als du dich selber kennst. Nur er weiß, wer du wirklich bist! Mit der Gewissheit, dass Gott dich nicht verurteilt, wird es auch dir zunehmend leichter fallen, dich selbst nicht zu verurteilen. Darüber hinaus bietet dir die katholische Kirche ein Geheimrezept: Im Sakrament der Versöhnung kannst du deine Wunden zu Jesus tragen und dich von ihm heilen lassen. In der heiligen Beichte wird dir durch die barmherzige Liebe Gottes ein neues Leben geschenkt.

Wer verzeihen will, der verzeiht bereits

Wir wissen: Ohne Verzeihung gibt es keine friedvolle Zukunft, keine dauerhafte Beziehung. Wie ist es aber, wenn man verzeihen will, aber nicht verzeihen kann? Besonders wenn die Folgen von Unrecht, das einem widerfahren ist, sichtbar oder dauerhaft spürbar sind, ist es nicht einfach, zu verzeihen. Wie können etwa Menschen verzeihen, die durch ihre Bezugspersonen misshandelt wurden? Die sexuell missbraucht wurden? Oder Menschen, die nie erfahren haben, was Familie ist? Wie sollen die vielen leidgeprüften Menschen verzeihen, die in Kriegen oder unter dramatischen Umständen ihre Liebsten verloren haben? Beim Blick auf die vielen Dramen, die die Menschheit bekümmern, hast du dich vielleicht auch schon einmal gefragt: „Wie konnte es Gott zulassen?“ Versöhnung geschieht nicht von einem Tag auf den anderen. Versöhnung ist ein Prozess. Die Gefühle rufen nicht selten nach Vergeltung und klagen an. Es gilt jedoch: Wer verzeihen will, verzeiht bereits! Du darfst deinem verletzten Herzen Zeit geben, die es braucht, bis der Schmerz geheilt ist! Der Schmerz schmälert die Verzeihung nicht. Im Gegenteil, er gibt dir die Möglichkeit, die bereits gewährte Vergebung zu erneuern und zu vertiefen. Durch die Bereitschaft zu vergeben, entfaltet sich deine Liebe. Gott wirkt auch heute noch Wunder – in deinem Herzen, in deiner Familie und in deinen Beziehungen. Vorausgesetzt du lässt dich auf ihn ein. Er macht alles gut!