Credopedia
Was ist Gnade und wie kann sie unser Leben verändern?
Brandy fragt: Was lehrt die Kirche über die Gnade?
Es gibt Begriffe, die aus unserem Vokabular fast gänzlich verschwunden sind. So auch das Wort „Gnade“. Was ist Gnade und wie beeinflusst sie unser Leben? Welche Rolle spielt Gnade auf unserem Glaubensweg und warum ist sie so wichtig für unser geistliches Wachstum?
- Was ist Gnade?
- Sakramente als Quelle der Gnade
- Bekommen alle Menschen die Gnade gleichermaßen?
- Gnade und der freie Wille
- Mach aus deinem Leben ein Leben in Gnade
Was ist Gnade?
Was genau ist mit „Gnade“ gemeint?
Das Wort ‚Gnade‘, lateinisch ‚gratia‘, hat dieselbe Wurzel wie ‚gratis‘. Wenn etwas gratis ist, wird es ohne Kosten oder Verdienste angeboten.
Die katholische Kirche lehrt, dass die Gnade ein unverdientes Geschenk Gottes an den Menschen ist. Das bedeutet, dass Gott dem Menschen seine Liebe, seine Vergebung und sein Heil schenkt, und das alles, noch bevor er dies in irgendeiner Weise verdienen könnte.
„Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft – Gott hat es geschenkt –, nicht aus Werken, damit keiner sich rühmen kann“ (Eph 2,8-9), schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Ephesus.
Das bedeutet jedoch keineswegs, dass der Mensch sich einfach zurücklehnen kann und nichts tun muss. Die Gnade ist zwar ein unverdientes Geschenk Gottes an uns, doch sie erfordert eine Antwort des Menschen. Der Katechismus der Katholischen Kirche erklärt: „Wenn Gott durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes das Herz des Menschen berührt, bleibt einerseits der Mensch nicht ganz untätig, denn er nimmt ja jene Eingebung auf, die er auch ablehnen könnte; andererseits kann er sich doch nicht aus freiem Willen heraus, ohne die Gnade Gottes zur Gerechtigkeit vor ihm erheben.“ (KKK 1993)
Sakramente als Quelle der Gnade
Aber wie kann ein katholischer Christ die Gnade annehmen und sie dann in rechter Weise auch bewahren und pflegen, ja wie kann er die Gnade, die ihm von Gott zuströmt, sogar noch vermehren?
Die unsichtbare Gnade Gottes wird dem Gläubigen vor allem durch die Sakramente zuteil. Die Sakramente sind sichtbare Zeichen, die Christus eingesetzt hat, und die der Mensch mit seinen Sinnen wahrnehmen kann. Durch sie wird die unsichtbare Gnade Gottes real erfahrbar. Deshalb hat uns Christus die Sakramente geschenkt, damit wir in den verschiedenen Situationen des Lebens seine Gegenwart erfahren und seine heilende Kraft empfangen können. In diesem Zusammenhang spricht der Katechismus von sogenannten „sakramentalen Gnaden“. (Vgl. KKK 2003)
Die Sakramente sind ein Beweis dafür, dass Jesus Christus nicht nur eine historische Gestalt ist, die der Vergangenheit angehört. Vielmehr sind Sakramente lebendige Ausdrucksformen seiner fortdauernden Gegenwart in seiner Kirche. Die Sakramente vermitteln die Gnade Christi hier und jetzt und helfen den Gläubigen, ihre Beziehung zu Gott zu vertiefen und zu stärken.
Bekommen alle Menschen die Gnade gleichermaßen?
Gott möchte alle retten. Als seine Geschöpfe sind alle Menschen dazu auserwählt, in den Himmel zu kommen. Warum wirkt sich nun bei dem einem die Gnade aus, und bei dem anderen nicht, wenn doch das Gnadenangebot Gottes allen Menschen gleichermaßen gilt?
Gott ist nicht ungerecht. Jeder Mensch ist sein Geschöpf und in seinen Augen überaus wertvoll. So wie in jeder Beziehung, muss der Mensch auch in der Beziehung zu Gott seine Bereitschaft zeigen und mit Vertrauen und Liebe auf Gottes Einladung eingehen. Die Gnade Gottes ist also immer da, doch sie kann sich nur in dem Maße auswirken, in dem der Mensch sich ihr öffnet.
Deutlich wird es am Beispiel der beiden Verbrecher, die zusammen mit Jesus gekreuzigt wurden. Im Lukasevangelium lesen wir: „Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Christus? Dann rette dich selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst! Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ (Lk 23,39-43)
Gnade und der freie Wille
So fatal es auch klingen mag: Der Mensch kann sich auch gegen den Himmel entscheiden, gegen das eigene Glück. Dabei ist der entscheidende Faktor sein freier Wille. Der Mensch muss sozusagen gerettet werden wollen, d.h. er muss auf die ihm angebotene Liebe Gottes antworten. Gott kann ihm seine Gnade nicht aufzwingen.
Der eine Verbrecher, – im Volksmund auch der reuige Schächer genannt – blickt auf sein sündhaftes Leben zurück und öffnet sich der Gnade. Er bekennt seine Schuld und wird gerettet. Aber nicht etwa, weil er kein Verbrechen begangen hätte oder weniger schuldig wäre als der andere spottende Verbrecher. Jesus rettet den reuigen Schächer schlicht und einfach deshalb, weil er sein Gnadenangebot annimmt; das heißt, weil er mit der Gnade aktiv mitwirkt.
Der spottende Verbrecher hingegen verschließt sich der Gnade, er lehnt sie ab. Er schenkt Jesus keinen Glauben. Er bleibt in seiner Verhärtung. Und schafft es nicht, über seinen Schatten zu springen. Selbst im Augenblick des Todes kehrt er nicht um. Nach menschlichem Ermessen kann Gott nichts mehr für ihn tun. Und doch! Für Gott ist nichts unmöglich. Auch für den „bösen Schächer“ hängt der Sohn Gottes am Kreuz.
Ob die Gnade Gottes im letzten Augenblick doch noch sein Herz erreicht hat? Wir wissen es nicht.
Mach aus deinem Leben ein Leben in Gnade
Gott allein vermag aus einem Schuldigen einen „Unschuldigen“ zu machen, was auch immer seine Vergangenheit sein mag. Das ist die Art, wie Gott den Sünder „rechtfertigt“. „Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“ (Lk 19, 10)
Es ist seine „heiligmachende Gnade“, die den Menschen erneuert. Sie stellt die Freundschaft mit Gott wieder her. Sie öffnet dem Menschen die „Tür in den Himmel“. Schon hier auf Erden!
Vertraue dich Gott an und mach das Leben in Gottes Gnade zu deinem Lebensstil. Nach und nach wirst du merken, dass du von innen heraus erneuert wirst. Die Gnade, die du empfängst und mit der du mitwirkst, wird vervielfältigt und erreicht unwillkürlich auch andere. Ist das nicht eine wunderbare Mission, die wir als Christen haben?
YOUCAT Digital
Entdecke hier unsere digitalen Produkte, die Dir helfen werden, im Glauben zu wachsen und selbst zum Missionar zu werden.